Heike Weingarten, Mitbegründerin des Mieterladens Kreutzigerstraße 23. / Foto: Giovanni Lo Curto /

Friedrichshain ist familiärer

Die eigene Erfahrung einbringen

Wie schnell man unvermutet ins Abseits geraten kann, hat Heike selbst erfahren. 2003 befand sie sich in einer Krebsnachsorge und arbeitete verkürzt als Aufstockerin, als ihr Vater starb. Neben der Trauer und den Begleiterscheinungen trat die Ungemach hinzu, ein 1942 erbautes Behelfsheim geerbt zu haben, das sie nicht wollte. Der richtige Kummer wurde ihr jedoch von unerwarteter Seite bereitet. Für das Jobcenter galt sie nun als Immobilienbesitzerin, ihre Mietzahlungen wurden gekappt. Heikes Bitte um eine paar Monate Aufschub, um das Haus zu verkaufen, wurde abgewiesen. Sie musste ihre Wohnung in Friedrichshain aufgeben, in die sie jahrelang ihre spärlichen Ersparnisse gesteckt hatte, und an den Stadtrand ziehen. „Ich fiel wie in ein Loch. Es hat Jahre gedauert, um mich von diesem Schlag zu erholen. Jedes bisschen Geld, was jetzt übrig bleibt, muss ich in neue Balken stecken. Ein Verkauf würde sich nicht lohnen.“

Mehr zu hören als zu sehen: Radio 88,4 in der Kreutzigerstraße 23 / Foto: Giovanni Lo Curto /
Mehr zu hören als zu sehen: Radio 88,4 in der Kreutzigerstraße 23
/ Foto: Giovanni Lo Curto /

Es gibt immer was

Verzagen ist nicht ihre Art. Seit über 26 Jahren ist Heike regelmäßig im Mieterladen, organisiert dessen Betrieb mit und engagiert sich für das im gleichen Haus eingerichtete „Studio Ansage“, das über „Sender Berlin“ auf UKW 88,4 Megaherz unabhängiges Stadtradio produziert. Auch organisiert sie Infostände auf Straßenfesten. Sie zeigt auf das neugebaute Haus auf der gegenüberliegenden Seite. „Denen hat man eine Wohnlage in einer ruhigen Seitenstraße versprochen, und die haben gekauft, ohne sich das angesehen zu haben. Letztes Jahr wollten die einfach unser Straßenfest verbieten. Aber das geht nicht so leicht.“ Nach einem kurzen Schweigen setzt sie hin zu: „Statt sie froh sind, in eine Gegend gekommen zu sein, wo die Leute noch aufeinander achten und miteinander reden.“

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