

Tragfähige Strukturen
Robert, als Geschäftsführer der Hedwig-Wachenheim-Gesellschaft, einer 2005 gegründeten Beschäftigungsgesellschaft, nahm sich der Sache an. Auch er wusste nicht, wie man ein Museum gründet, aber er probierte es. Viele, vor allem aus dem Umfeld der ehemaligen Jugendlichen, die sich hier trafen, halfen mit. Aufgewachsen im fränkischen Langenzenn bei Fürth, besuchte Robert das Gymnasium in Fürth, leistete seinen Zivildienst und studierte Politikwissenschaft und Soziologie in Erlangen und in Rennes in Frankreich. Dann ging es nach Berlin an die Humboldt-Universität, wo er Sozialwissenschaften draufsattelte.
„Das war in den 1990ern. Alles wollte nach Berlin und ich auch.“ Der fränkische Akzent und das rollende R blieben Teil seiner Sprache, ansonsten ist er ein richtiger Berliner geworden. Nach dem Studium wollte er etwas „Richtiges“ machen. Theorie war nicht seine Sache.
„Du kannst mit dem Abschluss verschiedene Berufe ausüben, anders als ein Maschinenbauingenieur, der auf seinen Beruf festgelegt ist“, erläutert Robert. Er kam zunächst in der Arbeiterwohlfahrt unter, bis sich die Möglichkeit ergab, die Beschäftigungsgesellschaft zu gründen, die den Namen Hedwig Wachenheim trägt.
„Hedwig Wachenheim war eine Sozialdemokratin, eine Mitbegründerin der Arbeiterwohlfahrt. Sie ist nicht so sehr bekannt, weil sie als Verfolgte des NS-Regimes in die USA emigrierte und nur noch einmal kurz nach Deutschland zurück kam.“
2007 startete eine erste Maßnahme mit arbeitslosen Akademikern, die sich mit den widerspenstigen Jugendlichen beschäftigen sollten. Manche waren Feuer und Flamme, beherrschten aber nicht so recht das Werkzeug, andere blieben skeptisch, weil sie mit Punks und Langhaarigen nichts anfangen konnten.
„Die erste Ausstellung unter diesen Bedingungen zu erarbeiten, gestaltete sich sehr konfliktreich, aber das Ergebnis konnte sich dennoch sehen lassen“, lacht Robert. Aber dann wurde es besser. Ein richtig gutes Team kam zusammen, engagiert und fleißig. Dieses recherchierte, suchte Fotos, diskutierte, schrieb die Tafeln und gestaltete sie.
2008 öffnete die Ausstellung „Wartet nicht auf bessre Zeiten“. Der Titel lehnt sich an einen Spruch von Wolf Biermann an. Eine zweite Ausstellung über den Jugendwiderstand gegen das NS-Regime kam später hinzu. Damals wurde das Konzept der „Eventibition“ entwickelt, das eine Kombination von Veranstaltungs- und Ausstellungsort darstellt. Die Kirche war wieder offen und wurde auch von umliegenden Gruppen und Interessierten angenommen. Auch temporäre Ausstellungen werden gezeigt; hier finden Kiezkino und Kiezversammlungen statt und hier wird auch jährlich der Silvio-Meier-Preis verliehen. Wegen Corona sind diese Projekte im letzten Jahr entweder komplett auf Eis gelegt oder zumindest heruntergefahren worden. Das entspricht nicht gerade dem Naturell von Robert Schwind, der nach der Maxime handelt: „Irgendwas geht immer!“ Zwangspause im Museum heißt nicht auch Pause im Büro.