Das mondäne SEZ zur Popgymnastik | Quelle: Zeitschrift Die Mode

Amerika in Friedrichshain

Gymnastische Übungen im Büro | Quelle: Bundesarchiv Bild 183-68862-006
Leichte Gymnastische Übungen, die ohne großen Aufwand im Büro geübt werden können, halten fit. / Quelle: Bundesarchiv Bild 183-68862-006 /

Popgymnastik

Eine um sich greifende Bewegungsarmut und das Übergewicht vieler Bürger mit ihren Folgen standen auf der anderen Seite der Medaille. Rhythmus und Bewegung in neue Formen zu bringen, war die Absicht der Gymnastiktrainer Elke Kurth, Karin Wildgrube und Karl-Heinz Wendorff. Ab 1985 wurde die „Medizin nach Noten“ aus dem schicken Friedrichshainer Sport- und Erholungszentrum (SEZ) übertragen. Einst verpönte Hüpfübungen waren kein Tabu mehr, die Begrenzung auf 18 Quadratmeter kein Thema und klassisches Rumpfbeugen war passé. Für die Popgymnastik wurde ein tänzerischer, alle Muskelgruppen ansprechender dynamischer Verbund fließender Bewegungen angeleitet. Alles nicht ganz leicht, aber auch nicht schwierig zur Musik von Kim Wilde, Petra Zieger oder Perl. Ergänzend zeigte das Buch „Mit Gymnastik durchs Jahr“ Bilder und Beschreibungen dieser Übungen, die der „Selbstbeherrschung und der sozialistischen Persönlichkeitsentwicklung“ dienen sollten. Obwohl die englischen Bezeichnungen einzelner Übungen wie „Double Touch“ oder gar „Aerobic“ für die neue Sportart als inopportun geächtet waren, kam die trendigste Sportart der USA dieser Zeit in der DDR gut an und fand in Berlin Zuspruch bei über 9.000 Teilnehmern mit 200 Übungsleitern. Allerdings mit vielen Problemen: Im Gegensatz zum SEZ verfügten die meisten Turnhallen kaum über entsprechende Musikanlagen. Selbst ein Podest, auf dem die anleitende Person für alle sichtbar agieren konnte, musste meistens erst gezimmert werden. Zwar reichte die übliche Sportkleidung, dennoch gab es die bunten eng anliegenden Gymnastikhosen und Anzüge ebenso wenig wie die aus dem Westfernsehen bekannten bunten „Warmlegger“ im Laden zu kaufen. Trotz allem gehörten bis zur Wendezeit die Vorführungen der Popgymnastikgruppen zum festen Vorprogramm von Sport- und vielen anderen Veranstaltungen. Indem alle Titelanimationen für die „Medizin nach Noten“ computeranimiert wurden, vollzog der DFF ebenfalls eine kleine Wende. Doch mit der Abwicklung des DFF war das Ende der beliebten Sendereihe besiegelt.

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