Radrennen in Friedrichshain.
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„Unbeschreibliche Freude zeichnete sich auf den Gesichtern der englischen Friedensfahrer ab, als sie mit uns sprachen und die Geschenke in Empfang nahmen, immer wieder nahmen sie jedes einzelne Stück in die Hand, lobten die gute Arbeit und fanden nicht genug Worte des aufrichtigen Dankes.“
Die Freude dieser Teilnehmer der „Internationalen Friedensfahrt“ von 1952, sie berührte am 6. Mai 1952 zum ersten Mal Friedrichshainer Boden, kam nicht von ungefähr. Wochen vorher hatte die IG Metall im ostdeutschen FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) die Patenschaft über die englische Mannschaft angenommen: „Wir als Gewerkschaft beabsichtigen, den englischen Sportfreunden je ein Fotoapparat als Geschenk zu überreichen. Unterstützt als aktive Gewerkschafter die Betreuung unserer Friedensfahrer. Damit leistet ihr einen Beitrag im Kampf um die Erhaltung des Friedens!“. Wilhelm Pieck, Ministerpräsident der DDR; Adolf Hennecke, „Held der Arbeit“ sowie Werktätige von NARVA und der Yachtwerft Alt-Stralau überreichten sechs englischen Fahrern Geschenke. Darunter befand sich ein Leuchtturm mit den Emblemen der drei beteiligten Länder an der Fahrtstrecke, zehn Reisewecker, ein Außenbordmotor, die Biografie Ludwig van Beethovens und ein Miniaturschraubstock. Dieser stammte aus der Lehrwerkstatt des RAW Rigaer Straße. Auch zehn Lederkoffer waren Teil „freiwilliger Spenden“. Über diese waren die britischen Gäste besonders erfreut. England gehörte zu den Gewinnern des Kriegs, litt aber an einer schweren Wirtschaftskrise. Entsprechend dürftig war die Ausrüstung der britischen Mannschaft.
Freude mit Kontrolle
Dürftig war jedoch das Sammlungsergebnis des FDGB. So spendeten 13 Kollegen einer Abteilung jeweils 50 Pfennige, nur einer gab eine Mark. Das Ziel, „für jeden britischen Teilnehmer ein Fotoapparat“ wurde verfehlt. „Um die Begeisterung für das Ereignis Ankunft der Friedensfahrer zu wecken“, sollte 1953 an allen Schulen jeden Tag der neueste Stand des Rennens diskutiert werden, dazu sollten Veröffentlichungen, Bilder, die Namen der besten Fahrer an „gut sichtbarer Stelle angebracht werden.“ Wichtig dabei, „Mitarbeiter der Volksbildung werden die Durchführung der Maßnahmen kontrollieren.“ 1954 klappte es mit den Fotoapparaten. „Ein Kollege, der Fotokenntnisse besitzt“, ging mit ausreichend Geld aus der Kasse der Betriebsgewerkschaftsleitung des RAW Rigaer Straße in den „Zeiss-Ikon-Industrieladen“ der damaligen Stalinallee, kaufte diverse „Fotogeräte“ und ließ in die Ledertaschen eine Widmung prägen. 1952 war aus der 1948 zum ersten Mal gestarteten „Fahrt für den Frieden“, ein sportliches wie logistisches Radsportgroßereignis geworden. Eine Rundstrecke, die Warschau, Prag und Ostberlin verband und sich als politische Gegenveranstaltung zur Tour de France verstand. Weniger spektakulär hatte es 1945 mit den Radrennen in Friedrichshain begonnen.