Pfeilschnell auf der Aschenbahn
Der am 21. August 1944 hingerichtete Arbeitersportler Fritz Riedel wohnte in der Rigaer Straße 64 und gehörte der Gruppe Robert Uhrig an. Ihm zu Ehren wurde am 14. Juli 1945 ein 4.000 Meter Radrennen auf der Aschenbahn des Lasker-Sportplatzes am Ostkreuz gestartet. Die zerfurchten Aschenbahnen von Leichtathletikstadien gehörten lange zu den Standardstrecken für Radrennfahrer. Immerhin startete das Sportamt Friedrichshain am 1. August 1945 in der Schreinerstraße ein Rundstreckenrennen über 40 Kilometer, das Bernhard Matysiak gewann. Matysiak saß schon in den dreißiger Jahren im Rennsattel, hatte eine große Fangemeinde und einen Fahrradhandel aufgebaut. Dieser nährte ihn gut. 1946 wog er 5 Kilo mehr als im Vorjahr und verschenkte am 11. August einen sicheren Sieg beim ersten Profi-Mannschaftsfahren nach dem 2. Weltkrieg im Neuköllner Werner-Seelenbinder-Stadion. Matysiak blieb aber ein Favorit. Er war zeitweilig im Team mit Otto Ziege, der 1947 seine Karriere begann. Ziege erreichte 1948 bis zu 70 Stundenkilometer auf der Aschenbahn. Nach dem Verbot des Profisports in der DDR wurde Ziege in Westberlin Radrennsportveranstalter.
Rennbahnpolitik
Radsportfans wechselten während der Fünfziger Jahre von den „Sixdays“ im Sportpalast zu den „Winterbahnrennen“ in der Werner-Seelenbinder-Halle. Den aktiven Sportlern war das verboten. Der aktive DDR-Radsportnachwuchs wurde über „Radsport-Werbewochen“ gewonnen. So startete am 14. Juli 1952 ein von der „BSG Motor Friedrichshain-West“ veranstaltetes Rundstreckenrennen für Junioren und Jugend mit Start und Ziel in der Rigaer Straße. Am 19. Juli erreichte die „Motor Friedrichshain-West“ mit 17 Punkten einen dritten Platz auf einer 45 Kilometer Rundstrecke in Oberschöneweide. Auf dem Alexanderplatz war die „BSG Post“ mit Vorführungen im Kunstfahren, Radball- und Radpolospielen aktiv.
Politisches Rennen
Am 7. Mai 1953 fuhren die Teilnehmer der Friedensfahrt um den Bersarinplatz, durch die Pettenkofer-, und die Rigaer Straße. Per „Ehrenstart“ starteten sie am 8. Mai vor der Deutschen Sporthalle. Über die Warschauer Straße und die Stralauer Allee fuhren sie zur Elsenbrücke, wechselten über zur Puschkinallee. Offiziell war die Friedensfahrt ein Amateurrennen und für die DDR eine Möglichkeit, sportweltpolitisch anerkannt zu werden. Der Aktionsplan zur VII. Friedensfahrt vom 20. April 1954, forderte: „Der Radsport soll zur Entwicklung der sozialistischen Körperkultur führen“, um „junge, kräftige, gesunde Menschen zur Erfüllung der Aufgaben bei der Schaffung der Grundlagen des Sozialismus heranzubilden.“ Im staatlichen Auftrag war das Rennen ein Experimentierfeld für Sportärzte, um alle Möglichkeiten zur Leistungssteigerung der Sportler auszuprobieren. 1968 war die Fahrt wegen der Ereignisse in Prag ausgesetzt. Sie wurde 1989 zum letzten Mal durchgeführt. Versuche, sie unter anderen Voraussetzungen wiederzubeleben, scheiterten. Dafür kreuzt in der Gegenwart das „Velothon Berlin“ mit tausenden Teilnehmern jedes Jahr die Karl-Marx-Allee.