Die HO in Friedrichshain.
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„Ich konnte nichts kaufen und ging bloß aus Neugierde hin“, sagte Erna K., als sie nach ihrer Meinung gefragt wurde. Damals, am 15. November 1948, stand sie in der Frankfurter Allee 39 vor dem ersten Berliner HO-Laden. Die Handelsorganisation (HO) war am 3. November 1948 auf dem Gebiet der späteren DDR ins Leben gerufen worden. Das Ziel sollte ein Netz „volkseigener“ Verkaufsstellen und Gaststätten sein. Im HO-Laden an der Frankfurter Allee war der freie Verkauf von Verbrauchsgütern und Lebensmitteln möglich. Ohne die sonst üblichen Zuteilungsmarken kamen rationierte wie auch knappe und nicht rationierte Waren hier auf den Ladentisch. Zur Eröffnung drängten sich Hunderte Schaulustige vor den Ladenfenstern. Doch im Laden standen nur wenige Käufer.
Nicht für alle
„Bekannte vom schwarzen Markt“ sah Erna K. und sie wusste: „Die haben genug Geld!“ Offiziell sollte mit der Einrichtung von HO-Läden der Schwarzmarkt ausgetrocknet werden. Nur waren die Preise im Laden kaum geringer als auf dem Schwarzmarkt. In dieser Zeit musste ein Rentnerehepaar oft mit 43 Mark im Monat auskommen. Selbst bei einem Durchschnittsverdienst von ca. 250 Mark war ein halbes Pfund Butter für 30 Mark, ein Kilogramm Zucker für 35 Mark oder ein Brötchen für 80 Pfennige bereits eine große Belastung. Damenstrümpfe oder gar Herrenschuhe für 120 bis 300 Mark lagen jenseits der finanziellen Möglichkeiten von Normalverdienern. „Doch wir Friedrichshainer Frauen wußten uns zu helfen“, sagte Erna K. „Hier wohnten zwei Schwestern. Sie hatten nur die Karte II. Damit konnten sich kaum das kaufen, was es auf der sogenannten Arbeiterkarte gab. Deshalb schneiderten sie für einen Konfektionsbetrieb in Westberlin.“