Technologisches Produkt oder Lebensraum?
„Mich interessiert die Stadt als Lebensraum, in dem die Menschen im Mittelpunkt stehen.“ Die Architektur als gebaute und räumliche Umwelt des Lebens der Menschen hat nicht nur eine praktische Bedeutung, sondern eine wichtige kulturelle Funktion. Demgegenüber war der industrielle Massenwohnungsbau der DDR vor allem an der Erfüllung technischer und ökonomischer Richtlinien orientiert, besonders seit 1958, als das Planen und Bauen aus der Verantwortung der örtlichen Verwaltungen genommen und dem Bauwesen unterstellt worden war. Angeleitet wurde es staatssozialistisch von der Abteilung Bauwesen des ZK der SED, der sich sogar der Bauminister zu beugen hatte. Ein eklatantes Beispiel dafür war ein Treffen des Bauministers Wolfgang Junker mit jungen Architekten, die offen über Schwierigkeiten berichteten, ihre Vorstellungen umzusetzen. Der Minister versprach, sich für die Beseitigung dieser Hemmnisse einzusetzen. Ein so offenes Verhältnis zwischen Architekten und staatlichem Leiter passte der SED jedoch nicht. Bruno Flierls Bericht über dieses Gespräch wurde vor dem Vertrieb aus der Bauzeitschrift entfernt. Nie wieder ließ sich Junker zu einem so offenen Gespräch mit Architekten ein.