Dichtung im Realsozialismus
Er machte sich Notizen und begann zu schreiben. Uwe Warnke, der Verleger der Untergrundzeitschrift „entwerter/oder“ besuchte ihn zu Hause, sah sich Manuskripte an. Aber es kam zu keiner Zusammenarbeit, weil Günther sich schwer tat, immer und immer wieder seine Texte abzutippen. Kopierer gab es nicht in der DDR. „Und meiner Schreibmaschine fehlte auch noch das E, so dass die Gedichte aussahen, als wären sie von Ernst Jandl!“, fügt er lachend hinzu. Er sagte dem Verleger ab und versuchte es im offiziellen Literaturbetrieb, doch auch hier ohne Erfolg. Briefe mit literarischen Arbeiten blieben unbeantwortet, bis es einmal hieß: „Herr Günther, Ihre Texte werden nie bei uns erscheinen, weil sie nichts mit den Verhältnissen in der DDR zu tun haben!“ Was das für Texte waren? Florian Günther zuckt mit den Schultern: „Texte über ganz normale Leute: Flittchen und Säufer, Asoziale, gescheiterte Künstler, einsame Rentner, Stricher, Parteibonzen, Kellner, Knackis und Polizisten aus der Nachbarschaft.“
Er gab das Schreiben auf und kaufte sich eine Praktica MTL 3. Er wollte Fotos machen, festhalten, was ihn umgab, sich wenigstens auf dieses Weise künstlerisch betätigen. Schließlich hatte er Glück und fand Anstellung in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Berliner Stadtbibliothek. Dort lernte er den Gebrauchsgrafiker Hubert Riedel kennen, dem er in den folgenden Jahren bei zahlreichen Ausstellungen zur Hand ging. Er lernte dazu, mochte die Arbeit, entwarf irgendwann sein erstes Veranstaltungsplakat. Als Riedel sich selbstständig machte, übernahm er dessen Stelle als Hausgrafiker.
Hallo Dirk Moldt,
schöner Text über Florian Günther. Ich habe ihn gern gelesen.
Gruß Uwe Warnke