Jenaer Mühsam-Fans am Rande des Kirchentags von Unten 1987 / Foto: Gabi Trier /

Sich fügen heißt lügen

Jenaer Mühsam-Fans am Rande des Kirchentags von Unten 1987 / Foto: Gabi Trier /
Jenaer Mühsam-Fans am Rande des Kirchentags von Unten 1987

Vergessene Ehrungen

Wurde Erich Mühsam in der DDR offiziell als Opfer des NS-Regimes geehrt, erfuhr er in den 1980er Jahren vor allem unter jugendlichen Hippies und Punks neue Beachtung. Theatergruppen und Punkbands spielten seine Texte. Jährlich begab sich ein kleiner Trupp junger Prenzlauer Berger und Friedrichshainer zum Todestag Mühsams nach Oranienburg, wo vor einem Gedenkstein Halt gemacht wurde, um Gedichte zu rezitieren und eine Flasche Wein kreisen zu lassen. Pikant war, dass der Gedenkstein genau vor einem Polizeirevier stand, was jedes Mal zu heiteren Kommentaren Anlass gab. Die Polizei revanchierte sich jedes Mal, indem sie binnen kürzester Zeit nach Abschluss der Veranstaltung, wenn alle wieder auf dem Heimweg waren, Blümchen, Fähnchen und dergleichen Fremdkörper vom Gedenkstein putze. In den selbst herausgegebenen Presseerzeugnissen der Widerstandsgruppen finden sich Berichte von den Ehrungen. Doch haben solche unkonventionellen Aktionen zu Ehren des Bürgerschrecks Erich Mühsam in den offiziösen Darstellungen des als Bürger-Revolution interpretierten SED-Sturzes keinen Platz.

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